Jedes Jahr am 10. Februar wird deutschlandweit der Tag der Kinderhospizarbeit begangen. Er hat das Ziel, solidarisch an der Seite betroffener Familien zu stehen und auf Familien mit lebensverkürzt erkrankten Kindern aufmerksam zu machen. Darüber hinaus sollen die Inhalte der Kinder- und Jugendhospizarbeit und ihre Angebote stärker in der gesellschaftlichen Wahrnehmung verankert werden, Menschen von der Sinnhaftigkeit ehrenamtlichen Engagements überzeugt, finanzielle Unterstützer:innen gewonnen, das Thema „Tod und Sterben von jungen Menschen“ enttabuisiert. Die gemeinnützige Organisation ELISA Familiennachsorge macht am Tag der Kinderhospizarbeit neben einer Kampagne auf Social Media auf den Wochenmärkten in Ingolstadt, Neuburg an der Donau, Eichstätt und Pfaffenhofen auf die Schwierigkeiten aufmerksam, die eine lebensverkürzende Diagnose mit sich bringt und informiert über die Arbeit im Alltag. „Der Alltag lebensverkürzend erkrankter Kinder, Jugendlicher, junger Erwachsener und deren Eltern ist geprägt von Sorgen, Ängsten und jeder Menge Herausforderungen und zusätzlichen Aufgaben zum Familienalltag, die eine Erkrankung mit sich bringt. Zusätzlich haben viele von Ihnen aufgrund fehlender Freizeit mit sozialer Isolation zu kämpfen“, erklärt Nadine Dier, Geschäftsführerin von ELISA Familiennachsorge und Vorstandsmitglied im Bundesverband Kinderhospiz.

Die gemeinnützige Organisation ELISA Familiennachsorge mit Sitz in Neuburg und Ingolstadt hat seit 2019 einen eigenen ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst, der Familien in der gesamten Region 10 begleitet. Die Begleitung der erkrankten Kinder, der Geschwister und der Eltern zuhause wird vom ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst durch ehrenamtliche Familienbegleiter gewährleistet und ist für die Familien kostenfrei, ebenso wie alle anderen Angebote aus dem medizinischen, pflegerischen oder Beratungsangebot von ELISA.

In Deutschland leben 50.000 Kinder und Jugendliche mit einer lebensverkürzenden Diagnose, die keine Aussicht auf Heilung oder Genesung bereithält. In der Region 10 leben statistisch gesehen knapp 200 Kinder und Jugendliche, die lebenslimitiert erkrankt sind. 55 Kinder davon leben im Ingolstädter Stadtgebiet, im Landkreis Eichstätt ca. 54, im Landkreis Neuburg ca. 37 und im Landkreis Pfaffenhofen ca. 48 Kinder, die das 40. Lebensjahr nicht erreichen werden. Jährlich versterben ca. 45 Kinder in der Region 10 im Kindes- und Jugendalter.

Begleitung schon ab der Diagnosestellung

Anders als bei der Erwachsenenhospizarbeit, die sich auf die Unterstützung und Begleitung von schwerkranken oder sterbenden Erwachsenen am Ende ihres Lebens bezieht, setzt die Kinderhospizarbeit viel früher an. Bereits ab dem Zeitpunkt der Diagnose kann eine Begleitung durch einen Kinder- und Jugendhospizdienst erfolgen. „Oft leben die lebensverkürzend erkrankten Kinder und ihre Familien viele Jahre mit ihrer Grunderkrankung und der Prognose, das Erwachsenenalter nicht zu erleben“, erklärt Iris Modl, die seit 2019 den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst bei ELISA Familiennachsorge leitet. „Hospiz- und Palliativangebote für Kinder und Jugendliche begleiten und unterstützen bei diesem oft langen Prozess in der Auseinandersetzung mit Verlusten, Hoffnungen und Fragen sowohl die Kinder als auch deren Eltern und Geschwister.“ Nadine Dier weiß: „Nach einer Diagnose steht die Welt erstmal komplett Kopf und Familien müssen eine enorme Anpassungsleistung bewältigen. Von der Annahme der Diagnose über die vielen Entscheidungen, die zu treffen sind (Therapien, Hilfsmittel, Teilhabe, Alltag, Entwicklung usw.) bis hin zur Neuorientierung und dem Erlernen aller für das Kind und seine Diagnose relevanten Informationen – eine Situation, die alle Eltern zunächst in eine Ausnahmesituation versetzt, in der sie auf Unterstützung angewiesen sind.“ Neben der ambulanten Kinder- und Jugendhospizarbeit und der Spezialisierten Ambulanten Palliativ-Versorgung, wie ELISA Familiennachsorge sie anbietet, gehören stationäre Kinderhospize und Palliativstationen zu den vier Säulen der Kinderhospiz- und Palliativversorgung.

Sterben und Trauer gehören für die betroffenen Familien dazu, aber ELISA Familiennachsorge versteht sich als Lebensbegleitung der Familien. Denn die Lebenszeit sei viel länger als die finale Phase. Besonders wichtig sei die Lebensqualität und die Freude im Alltag der erkrankten Kinder und ihrer Familien. „Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben. Nach diesem Zitat von Ciceley Saunders arbeiten wir. Unsere ehrenamtlichen Familienbegleiter tragen dazu bei, die Lebensqualität innerhalb der Familien so lange wie möglich zu erhalten und zu fördern“, so Iris Modl.

Aus der Not heraus geboren

Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst, den es bei ELISA Familiennachsorge seit 2019 gibt, entstand aus einer Notsituation heraus. „Bei der intensiven und palliativen Versorgung eines Kindes, dessen Lebensende 2018 leider absehbar war, wäre ein ehrenamtlicher Familienbegleiter genau das Richtige für die Familie gewesen“, erinnert sich Nadine Dier. „Die Eltern wollten gerne so viel Zeit wie möglich mit ihrem sterbenden Kind verbringen, die gesunden Geschwisterkinder benötigten jedoch auch Aufmerksamkeit. Wir haben uns direkt auf die Suche nach jemandem gemacht, der die Familie hätte unterstützen können, aber leider vergeblich. Damals haben wir den Entschluss gefasst, einen eigenen ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst für die Region 10 zu gründen. Zu einer umfassenden Versorgung gehören Haupt- und Ehrenamtliche. Natürlich benötigen viele Familien Unterstützung durch unsere Fachkräfte, aber ganz oft haben uns auch einfach Menschen an der Seite von ELISA gefehlt, die Zeit und das Herz am rechten Fleck haben. Dank unseren Familienbegleitern können wir nun noch umfassender begleiten, wobei wir auch Familien begrüßen, die ausschließlich die Angebote des Kinder- und Jugendhospizdienstes in Anspruch nehmen möchten.“

Heute hat ELISA Familiennachsorge insgesamt 39 ehrenamtliche Familienbegleiter, die sich mit dem gesunden Geschwisterkind beschäftigen, mit dem erkrankten Kind spielen oder ihm vorlesen, gemeinsam mit der Familie Plätzchen backen, einen Ausflug machen oder einfach nur da sind, ein offenes Ohr haben für die Sorgen und Nöte. Alle ehrenamtlichen Familienbegleiter durchlaufen vor ihrem ersten Einsatz in der Familie einen 100-stündigen Kurs. Das Angebot des Kinder- und Jugendhospizdienstes ist für die Familien kostenfrei. Finanziert wird der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst durch Spenden und einer teilweisen Förderung durch die Krankenkassen.